Bereits im Februarr 2019 sprach das Amtsgericht Dresden einen Antifaschisten frei, der das regelmäßig im Pegida-Umfeld auftretende Ehepaar O. auf einer Veranstaltung im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ am 12.03.2018 mit den Worten „Ihr seid Nazis. Nazischweine haben hier keinen Zutritt“ angesprochen haben soll.
Hierzu stellt das Gericht in den nunmehr vorliegenden schriftlichen Urteilsgründen fest:
Am 12.03.2018 fand im Rathaus der Landeshauptstadt Dresden […] die Auftaktveranstaltung zu den „Interkulturellen Wochen gegen Rassismus statt. An dieser Veranstaltung nahm der Angeklagte als Besucher teil. Zu dieser Veranstaltung war allgemein geladen worden ohne Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis. Der Veranstalter hatte sich lediglich vorbehalten, gegebenenfalls von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen bezüglich von Personen, die der rechten Szene zuzuordnen sind. Ein pauschales Zutrottsverbot bezüglich dieser Gruppierung gab es nicht.
[…]
Nachdem die Auftaktveranstaltung gegen 21:15 Uhr beendet war und eine Diskussionsrunbde beginnen sollte, ging der Angeklagte auf die Besucher Carola und Peter O. zu und sprach diese mit den Worten: „Ihr seid Nazis. Nazischweine haben hier keinen Zutritt. Ihr könnt gleich draußen bleiben“ an. Zuvor hatte sich der Zeuge O. während der Auftaktverastaltung kritisch geäußert. Der Angeklagte ordnete beide Zeugen sichtlich dem rechten Spektrum zu, weshalb er die oben genannten Äußerungen tätigte. Nachdem deer Angeklagte diese Äußerungen tätigte, blieb erstehen, weshalb die beiden Zeugen den Nachbarsaal nicht erreichen konnten. Nach wenigen Minuten wurde den beiden Zeugen durch Dritte geholfen, in den Saal zu kommen. Der Angeklagte äußerte hierauf gegenüber den beiden Zeugen sinngemäß, dass man wissen würde, wo deren Auto stehen würde.
Diese Feststellungen stützte das Gericht allein auf die Aussagen der Zeugen O.:
Bezüglich der Handlunegn gegenüber den Zeugen O. stehen ausschließlich die Zeugenaussagen O. zur Verfügung. Die Zeugen berichten beide, dass m,an den Angeklagten bereits aus der Vergangenheit kennen Würde. Der Zeuge O. spricht davon, dass er bereits am 13.02. Kontakt zu dem Angeklagten bei einer Veranstaltung gehabt habe. Damals sei er bereits als Nazi beschimpft worden. Man würde sich insoweit kennen. Es sei richtig, dass er selbst an Pegida-Veranstaltungen teilnehmen würde. Er sei sich sicher, dass der Angeklagte ihn von den Geschehnissen am 13.02. wiedererkannt habe. Deshalb sei es dann auch zu dem Vorfall während der Auftaktveranstaltung gekommen. Der Angeklagte habe zu ihm und zu seiner Frau geäußert „Ihr seid Nazis, Nazischeine dürfen da nicht rein!“. Der Angeklagte habe sich hierbei auch in die Tür gestellt, so dass ein Betreten des Saales nicht möglich gewesen sei. Während der Veranstaltung habe er zuvor sich zu Wort gemeldet. und sich geäußert.
Die Zeugin O. berichtet davon, dass sie den Angeklagten wiedererkennen würde. Damals sei sie sehr aufgeregt gewesen und habe durch das Verhalrten des Angeklagten Angst gehabt. Der Angeklagte habe auch die Äußerung getätigt, dass man unten auf sie warten würde und man würde wissen, wo das Auto stehen würde. Für sie sei das schon eine harte Bedrohung gewesen. Mit Nazis habe sie selbst überhaupt nichts am Hut.
Die Zeugenaussagen O. sind widerspruchsfrei und in sich schlüssig. Das Gericht ist deshalb der festen Überzeugung, dass der Angeklagte am Tattag derjenihǵe gwesen ist, der die beiden Zeugen O. angesprochen und sie am Betreten des Saales gehindert hat. Oben genannter Lebenssachverhalt kann deshalb festgestellt werden.
Wer der Beweisaufnahme beigewohnt hat, kann an dieser Feststellung zwar durchaus Zweifel haben. Vielleicht hatte das Gericht diese Zweifel aber auch gerade deswegen nicht, um einmal in aller Deutlichkeit klarzustellen, dass, wer die politische Auseinadersetzung sucht, diese auch aushalten muss:
Bezüglich des Vorwurfes Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Nötigung war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Am Tattag hat es eine Auftaktveranstaltung gegeben zu den Wochen gegen Rassismus. Es sollte in diesem Bereich über die weitere Entwicklung diskutiert werden, wobei man auch andere Meinungen zugelassen hat. Diese Veranstaltung war somit politisch motiviert und sollte unterschiedliche politische Kräfte zum Zwecke dere Diskussion zusammenführen. Damit ist diese Veranstaltung geprägt dadurch, dass auch lnke und rechte Kräfte sich äußern durften. Im Rahmen dieser Politischen Auseinandersetzung ist die Äußerung desAngeklagten zu bewerten. Der Zeuge O. hatglaubhaft dargestellt, dass ersich kritisch zu den anderen Äußerungen in der Veranstaltung geäußert hat. Damit war es für den Angeklagten auch erkennbar, dass der Zeuge O und seine Ehefrau einem anderen Spektrum zugeordnet werden kann. Im Rahmen dieser poilitischen Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Kräften ist es zu einer entsprechenden Äußerung gekommen. Diese Äußerung ist durch Art 5 Grundgesetz geschützt. Der Angeklagte hat von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Vom einer Schmähkritik kann nicht gesprochen werden. Der Angeklagte hat zwar direkt die Eheleute O. angesprochen, aber sichtlich das rechte Spektrum damit gemeint. Auch wenn die Beteiligten sich bereits vorab bei einer anderen Veranstaltung kennengelernt haben, ist dies nicht Ausdruck einer Privatfete (sic!) zwischen den Beteiligten. An dem Tattag war eine politische Auseinandersetzung gewollt und diese ist auch vollzogen worden. Dass unterschiedliche Meinungen aufeinander prallen, war gewollt und deren Folgen müssen dann akzeptiertvwerden. Soweit der Angeklagte hierbei passiv das Betreten des Saales verhindert hat, ist dies auch Ausdruck der Meinungsfreiheit. Der Angeklagte hat sich in den Weg gestellt und Position bezogen. Dieser passive Widerstand ist zulässig und Ausdruck der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Fazit: ein sächsisches Amtsgericht kann mitunter die Rechtssprechung des BVerfG schnörkellos umsetzen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.