FTL III: Nebenklage beantragt Hinweis nach 265 StPO

In dem nunmehr dritten Verfahren gegen Mitglieder und Unterstützer der rechtsterrorischten „Gruppe Freital“ vor dem OLG Dresden beantragte heute die Nebenklage, den Angeklagten Simone S. und Sandro M. einen rechtlichen Hinweis gem. 265 StPO zu erteilen.

Beide sind bislang ausschließlich wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Das Gericht stellte den Angeklagten, die die Vorwürfe mit einem Pauschalgeständnis – „das was in der Anklageschrift steht, stimmt so“ – eingeräumt haben, hierfür Haftstrafen im bewährungsfähigen Bereich in Aussicht, ohne dass es zu einer formellen Verständigung kam.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden stützt den Anklagevorwurf beider Angeklagter auf Chatbeiträge im sog. „Schwarzen Chat“ der Gruppe Freital im Zusammenhang mit dem Angriff auf das alternative Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015.

Die Angeklagte Simone S. sei sich bewusst gewesen, dass seitens der Mitglieder der „Gruppe Freital“ beabsichtigt war, einen von ihr ihm Gruppenchat veröffentlichten „Überfall“ auf eine Blockade einer geplanten Geflüchtetenunterkunft als Legitimation für einen Angriff auf das Wohnprojekt in der Overbeckstraße abzuwarten, und habe gehandelt, um die Gruppierung über das Vorliegen der vermeintlichen Legitimation zu informieren und so eine Tatbegehung der Gruppierung herbeizuführen bzw. zu ermöglichen. Wie von der Angeschuldigten Simone S. beabsichtigt, hätten die Gruppenmitglieder daraufhin den Entschluss gefasst , das alternative Wohnprojekt noch in der kommenden Nacht anzugreifen.

Dem Amgeklagten Sandro M. wirft die GenStA vor, im wissen um die Absicht der Gruppierung, das Wohnprojekt anzugreifen seine Teilnahme angeboten zu haben. Er habe hierbei in der Absicht, gehandelt, den Mitgliedern der Gruppierung seine Unterstützung für den geplanten Angriff zuzusagen und in dem Bewusstsein, dass durch die Erklärung seiner Mitwirkungsbereitschaft zum einen der Gruppierung mehr Spielraum hinsichtlich der einzusetzenden Personen verschafft würde als auch die weiteren Gruppenmitglieder in ihrer Bereitschaft zum Ausführen des Plans bestärkt würden.

Zudem hätten es beide Angeklagten unterlassen trotz der Kenntnis von dem geplanten Angriff in der Folge, die Polizei oder sonstige Strafverfolgungsbehörden hierüber zu unterrichten, wodurch der Gruppierung, wie von ihnen beabsichtigt, ein ungehindertes Handeln ermöglicht wurde.

Gleichwohl nimmt die Generalstaatsanwaltschaft eine Anstiftung oder Beihilfe der Angeklagten Simone S. und Sandro M. an dem Angriff auf die Overbeckstraße nicht an. Zugunsten beider Angeklagter sei davon auszugehen, dass die konkrete Tatplanung, insbesondere bezüglich des Einsatzes von Sprengstoffen gegen das Objekt, erst später erfolgt ist, so dass ihnen insoweit eine Beihilfe zu den vor Ort begangenen Straftaten nicht zur Last gelegt werden kann.

Zugleich beschränkte die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung gem § 154a StPO auf das angeklagte Organisationsdelikt.

Diese Wertung griff die Nebenklage mit ihren heute gestellten Anträgen an. Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH zur Konkretisierung Gehilfen- und Anstiftervorsatzes sei von einem hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich der Anstiftung bzw. Beihilfe zu dem Angriff auf das Hausprojekt ”Mangelwirtschaft“ am 18./19.10.2015 auszugehen. Denn die Beweisaufnahme werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ergeben, dass der Vorsatz der Angeklagten S. und M. jedenfalls so konkretisiert war, dass diese von einer gegen die körperliche Unversehrtheit der sich in dem Haus aufhaltenden Personen gerichteten Angriff ausgingen.

So werde schon aus der Kommunikation der Gruppe im Schwarzen Chat bereits am 06.10.2015 deutlich, dass die Teilnehmer einen jedenfalls über Sachbeschädigung hinausgehenden
Angriff auf das Wohnprojekt Mangelwirtschaft planten. Die Angeklagten S. und M. müssten davon auch Kenntnis haben, denn deren regelmäßige Teilnahme an dem Chat sei hinreichend belegt.

Dass die Überlegungen, die “Mangelwirtschaft” anzugreifen, zu konkreteren Planungen gediehen waren, ergebe sich wiederum aus der Kommunikation anderweitig Verfolgter im Umfeld der “freien Kameradschaft Dresden. Hier verwies die Nebenklage insbesondere auf eine Sprachnachricht des wegen der Mitgliedschaft in der „FKD“ verurteilten Maximilian R., der seine Kameraden zur Teilnahme an dem Angriff mit den Worten „ Wir haben ja schon mal gesagt, wenn die unser Ding angreifen greifen wie der ihr Ding an“ und „Das hat heute was damit zu tun, dass die nachhts angegriffen wurde und jetzt eine entsprechende Gegenreaktion kommt. Mit diesem Haus dorte, was man schon mal vorhatte.“ mobilisierte.

Jedenfalls für den Angeklagten Sandro M. sei davon auszugehen, dass er auch Kenntnis hinsichtlich der Tatmittel, insbesondere der verwendeten Sprengmittel hatte. Die ergebe sich dies bereits daraus, dass zu dem Zeitpunkt, als er seineigenhändiges Mitwirken anbot und so den Tatentschluss der unmittelbar Handelnden bestärkte, die Beschaffung der Tatmittel bereits im “Schwarzen Chat” der Gruppe Freital thematisiert wurde.

Dagegen liege die Beteiligungshandlung der Angeklagten S. vor dieser Kommunikation. Zwar möge man auch aus früheren Straftaten der Gruppe Freital und den der Angeklagten S. be-
kannten weiteren Befassung mit Sprengmitteln darauf schließen, dass auch bei dem Angriff auf die “Mangelwirtschaft” diese Tatmittel eingesetzt werden und es möge auch wahrscheinlich sein, dass die Angeklagte S. eine solche Tatbegehung zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, es erscheint hier aber vertretbar, davon auszugehen, dass ein auf die Verwendung von Sprengmitteln gerichteter Vorsatz als nicht in dem für die Anstiftung erforderlichen Grad der Konkretisierung nachweisbar erweisen wird.

Bislang haben auf diesen Antrag weder das Gericht, noch die GenStA oder die Verteidigung reagiert. Für die Nebenklage ist nicht nachvollziehbar, weshalb die GenStA, die alle hier genannten Erkenntnisse bereits 2017 mit der Übertragung des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt in einem Aktenvermerk gut aufgereitet geliefert bekam, weder einen Beteiligungsvorsatz annahm, noch irgendwelche Ermittlungen dahingehend anstellte, bevor sie im Juni 2020 die Tat zur Anklage brachte.